Fachartikel, Februar 2021

Die Entdeckung der recycelten Kohlenstofffaser

In der Industrie finden zunehmend kohlenstofffaserverstärke Kunststoffe (CFK) als Leichtbaumaterial Anwendung. Dieser Wachstumstrend der Vergangenheit wird auch in Zukunft weiter anhalten.

Aber was geschieht mit den Abfällen?

Diese Frage stellten sich auch die beiden Papiermacher Walter Reichel aus Mering und Peter Helfer aus Dachau.

Nach fünfjähriger Entwicklungsarbeit und Fortbildung vertieften sie sich immer mehr in die Charakteristik der Kohlenstofffaser. Durch intensive Studien und weiterführende Laborversuche wurden sie schließlich mit deren Eigenschaften vertraut. Die Kohlenstofffasern unterscheiden sich von den Papierfasern grundlegend in ihrer Struktur, Ladung und Oberflächenbeschaffenheit. Trotzdem reizte die Herausforderung, aus diesen elastischen Fasern im Wet-Laid-Verfahren (nasse Verfahrenstechnik) ein flächiges Produkt herzustellen, wobei die Qualität der Kohlenstofffasern erhalten bleiben musste. Die dünnen Kohlenstofffasern von 7µm Dicke in einer wässrigen Suspension gleichmäßig zu verteilen und während der Produktion zu orientieren, zeigte sich als größte Herausforderung während des Projektes.

Durch thermo-chemische Spaltung (Pyrolyse) des harzgebundenen Carbonfaser-Verbund-Werkstoffes CFK ist es möglich, die Kohlenstofffaser schadensfrei wieder freizulegen. Im März 2012 wurde in der früheren Pyrolyse-Anlage Burgau unter Mitwirkung der Papiermacher und Führung der bifa (bayerisches Institut für Abfallwirtschaft) ein Versuch großtechnisch erfolgreich durchgeführt.

Das weiter entwickelte Wet-Laid-Verfahren lässt auf Grund wissenschaftlicher Untersuchungen im Kohlenstofffaser-Papier KOHPA eine homogene Verteilung zusammen mit Papierfasern, auch bei Einsatz von bis zu 96 % Kohlenstofffasern, zu.

Das neue Produkt ist elektrisch leitend und es können über ungefährliche Niederspannungen Temperaturen von mehr als 70°C erreicht werden. Der Einsatz als Flächenheizung bietet z.B. den Vorteil der Energieeinsparung bei minimalem Platzbedarf.

Ein weiterer Vorteil des flexiblen Kohlenstofffasermaterials ist, dass das Erzeugnis den Papiercharakter beibehält, weiterhin geschmeidig bleibt und – wie Papier – in Formen gestaltet und beschnitten werden kann. Bei aller Flexibilität ist die Eigenschaft der absoluten Formstabilität unter Feuchteeinfluss hervorzuheben.

Das Kaschieren auf Stein, Textilien oder andere Materialien wird in der Industrie angewendet und im Caravan-Leichtbau verarbeitet. Unter anderem kann das Kohlenstofffaserpapier zur Abschirmung elektromagnetischer Strahlung, als Ableiter von statischer Elektrizität und Verfestigung von Bauteilen eingesetzt werden.

Allgemein ist es üblich, Kohlenstofffasern trocken textiltechnisch zu verarbeiten. Mit der nassen Verfahrenstechnik ist ein neues, unkompliziertes und für die Gesundheit unbedenkliches Produktionsverfahren möglich.

Zusätzlich wird durch den Einsatz von recycelten Kohlenstoff- als auch Papierfasern der Nachhaltigkeitsgedanke erfüllt.

Weitere Medien